Die Tulpe. Die Einzigartige. „Lale“ heisst sie auf türkisch. Und das deutsche Wort Tulpe wird abgeleitet vom persischen “Tüliban” dem Turban – der Form wegen wohl. Was macht die Tulpe zu so einer besonderen Blume, dass sie schuld ist an der ersten Spekulationsblase der Geschichte, gegen die sich – nach heutigen Maßstäben gesehen – die sogenannte “dot.com-Blase”, der Crash der New Economy zu Beginn des neuen Jahrtausends, ausnimmt wie ein Monopoly für Kinder? Seit einigen Jahren feiert die Tulpe (übrigens auch ein zentrales Motiv in der türkischen Ebru-Malerei und bei den Çini-Porzellanmalereien – hier allerdings fast ausschliesslich in rot, der Naturfarbe der wilden Tulpe) ein machtvolles Comeback. Nicht nur Istanbul schmückt sich mit unzähligen Tulpen und einem Festival, auch an der Türkischen Riviera schmücken weite Tulpenrabatten in ihren Knallfarben die Innenstädte. Nur zwei Wochen dauert der Farbenrausch, bevor sie wieder in ihren unterirdischen Dämmerschlaf zurückfallen.
“Wenn der Frühling kommt, schenk ich Dir Tulpen aus Amsterdam” – diesen Text kennt wohl jeder. Holland und Tulpen gehören zusammen wie Frau Antje und der Käse. Aber woher kommt die Tulpe wirklich? Eine Spurensuche.
Die Geschichte der Tulpe
Ursprünglich kommt die Tulpe aus Persien und der Türkei. Die ersten Tulpenzwiebeln soll einer Legende nach bereits 1562 ein flämischer Händler zwischen bestellten Tuchballen gefunden haben. Aber er fand buchstäblich keinen Geschmack an ihr ( er soll sie gebraten und verspeist haben) und warf sie auf den Misthaufen. Zufällig sei einige Wochen später ein Hobbybotaniker an diesem Misthaufen vorbeigeschlendert und habe dort ein voll erblühtes, farbenprächtiges exotisch anmutendes Gewächs entdeckt.
Geschichtlich eher nachzuweisen ist jedoch, daß der Franzose Charles de L’Écluse (lateinisch Carolus Clusius) sie im Jahr 1593 in die Niederlande gebracht hat (nach Clusius benannt ist die „Tulipa clusiana“). Er hatte sie von Ogier Ghislain de Busbecq (1555 bis 1562 österreichischer Botschafter in der Türkei), bekommen, als er noch für die Gärten des Habsburger Kaisers Ferdinand I. verantwortlich war. Die Universität Leiden wurde auf ihn aufmerksam und so wurde er im Oktober 1593 (im Gepäck „einen geheimen Vorrat an Tulpenzwiebeln“) Präfekt des im Aufbau begriffenen „Hortus Botanicus“ 1630 wurde die erste Papagei-Tulpe beschrieben.
In die Geschichte eingegangen ist die Tulpe aber auch durch den “Tulpenwahnsinn”, der heute noch vor BWL-Studenten als Paradebeispiel einer vollkommen verrückten Spekulation ohne echten “Gegenwert” angeführt wird.
Die erste Spekulationsblase – die Tulpenhausse
So seltsam es heute klingen mag, um diese Frühlingsblume rankt sich eine der ersten großen Finanzkrisen der Geschichte:
Im Frühjahr 1594 blühte im Hortus Botanicus die erste Tulpe und markierte damit den Beginn der Tulpenhausse in den Niederlanden. Als holländische Züchter Anfang des 17. Jahrhunderts begannen, knallbunte Kreuzungen zu züchten, wurde die Tulpe zum Kultobjekt. Schon bald genossen die Züchter ein hohes Ansehen und es entstand ein regelrechter Wettbewerb um besonders schöne und ausgefallene Züchtungen. Da es nie sehr große Mengen einer bestimmten Zwiebelart gab, schossen die Preise in die Höhe. Kostete eine Zwiebel am Anfang der Hausse noch einen Gulden, so musste wenig später bereits 1.000 Gulden und mehr gezahlt werden. Jeder in Holland wollte sich seinen Teil an der Tulpenhausse sichern. An den holländischen Börsen wurden Zwiebeln seltener Züchtungen schon bald parallel zu Aktien gehandelt.
Der Handel treibt seltsame Blüten
In den Jahren 1636/37 hatte das Tulpenfieber seinen Höhepunkt erreicht. Noch bevor die Zwiebel ihre Blüte zeigte, wechselte sie bereits mehrmals den Besitzer. Egal ob Adeliger, Bauer oder Dienstmädchen – jeder handelte mit Tulpenzwiebeln. Teilweise wurden Haus und Hof verkauft, um Geld für weitere Investitionen in die gewinnbringenden Tulpengeschäfte zur Verfügung zu haben. Kostete eine Tulpenzwiebel der seltenen Sorte „Semper Augustus“ im Jahr 1624 noch 1.200 Niederländische Gulden (NLG). 1636 zahlte ein Käufer für eine Zwiebel dieser Art 4.600 Gulden, einen neuen Wagen und zwei graue Stuten mit Zaumzeug und Geschirr. Eine Zwiebel der sehr seltenen Sorte „Vizekönig“ wechselte für 24 Wagenladungen Korn, acht Mastschweine, vier Kühe, vier Fässer Bier, 1.000 Pfund Butter sowie einige Tonnen Käse den Besitzer. Im Jahr 1637 tauschte schließlich ein Brauereibesitzer 3 seltene Zwiebeln gegen seine Brauerei in Utrecht ein – ein Gegenwert von rund 30.000 NLG (!). (um Vergleich: Ein nobles Amsterdamer Grachtenhaus kostete zu dieser Zeit ca. 10.000 NLG.
Doch damit war der Höhepunkt der Tulpenhausse überschritten. Die ersten Ängstlichen verkauften und lösten damit eine Lawine aus. Die Tulpen-Blase platzte und die Kurse stürzten ins Bodenlose. Nicht wenige Kaufleute mussten aufgrund ihrer nun wertlosen Tulpenkontrakte Konkurs anmelden. Die Wirtschaft kam in ganz Holland auf Jahre zum Erliegen. Eines der berühmtesten Opfer war Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606 – 1669), „der“ Rembrandt, dessen Gemälde heute auf Auktionen Unsummen einbringen. Nicht nur, dass seine Tulpen-Kontrakte wertlos waren, auch seine Malerwerkstatt bekam in den Folgejahren kaum Aufträge, da die Niederländer das Geld für wichtigere Dinge als Gemälde brauchten. Schließlich musste Rembrandt Konkurs anmelden. 1657 wurde sein Haus versteigert. Rembrandt selber starb verarmt im Jahr 1669.
Die Tulpe in ihren vielfältigen Formen und Blütenfarben ist eine faszinierende Blume geblieben und begeistert auch heute noch viele Menschen, zumal sie zu den ersten Blumen
gehört, die im Frühling erblühen und nach dem trostlosen Winter Farbe in die Gärten und Parkanlagen bringt. Ein Frühlingsgarten ohne Tulpen ist kaum noch denkbar, denn die Tulpen sind heute die wichtigsten Frühlingsblumen. Holland entwickelte sich im Laufe der Zeit zum Zentrum von Tulpenzucht und Tulpenhandel, der von hier aus weltweit betrieben wurde. Daher galt ab dem 19. Jahrhundert die Tulpe gleichsam als ein Symbol der Niederlande. Erst seit wenigen Jahren hat die Türkei die Tulpe wieder als zu ihrem historischen Erbe gehörend erkannt. Seitdem erleben Tulpen auch in der Türkei wieder einen Boom.
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Quelle: boerse.de /alanya.bel.tr