Heute nacht ist für viele Muslime die wichtigste Nacht des Ramazan und damit auch die wichtigste Nacht des Jahres. Das genaue Datum der Nacht der Bestimmung ist ungewiss und lässt sich lediglich auf die ungeraden der letzten zehn Nächte des Ramadans festlegen. Der islamische Tag beginnt im Einklang mit der biblischen Schöpfungsgeschichte jeweils mit Sonnenuntergang, weshalb es sich also um die Nacht handelt, die entweder den 21., 23., 25., 27., oder 29. Ramadan einleitet. Bei der DITIB liegt die Nacht der Bestimmung auf dem 27. Ramadan. Zurück geht sie auf eine Nacht im Jahr 610 gregorianischer Zeitrechnung, in der nach muslimischer Tradition Gott dem Propheten Mohammed erstmals Teile des Koran offenbare. Als Übermittler dieser Offenbarung wird der Erzengel Gabriel genannt.
In den meisten islamischen Ländern feiern die Gläubigen die Lailat al Quadr in der 27. Nacht des heiligen Monats. Dazu werden die Moscheen festlich geschmückt, zwischen den Minaretten werden farbige Lichterketten gespannt und per Lautsprecher die Predigten der Imame ins Freie übertragen. Die ganze Nacht über sind die Koranlesungen, Gebete und Gesänge aus den Moscheen zu hören. Denn dort versammeln sich die Gläubigen nach dem Fastenbrechen, um gemeinsam bis zum Morgengrauen zu beten und den Koran zu Ende zu lesen. Mit dessen Lektüre beginnen die Muslime in der ersten Ramadan-Nacht.
Nacht des Schicksals
Es heißt, dass in der Nacht der Bestimmung viele Engel vom Himmel herabstiegen und die muslimischen Gläubigen in ihren Häusern und den Moscheen besuchten. In dieser Nacht sollen auch die Geschicke aller Lebewesen für das nächste Jahr festgelegt werden. Deshalb wird die Lailat al Quadr oft auch als die “Nacht des Schicksals” bezeichnet. In diesen nächtlichen Stunden wird niedergeschrieben, wer leben und wer sterben wird, wer gerettet und wer verdammt wird, wem Einlass ins Paradies gewährt, und wer in die Hölle verstoßen wird, wo Dürre und Hungersnot herrschen werden und alles andere, was Gott beschließt. Gebete zur Vergebung der Sünden und andere Gebete, die in dieser Nacht verrichtet werden, finden besonderes Gehör.
Im Glauben des Islam ist der Segen für rechtschaffene Taten während der Lailat al Qadr stärker als in tausend anderen Monaten: Die Nacht der Bestimmung und Offenbarung ist in besonderer Weise von Licht und Segenskraft erfüllt.
Lailat al-Qadr im Koran
Der Koran widmet dieser besonderen Nacht eine eigene Sure: Suratu ‘l-Qadr („Die Bestimmung“), Sure 97, Verse 1–5: Übersetzung: Rudi Paret
„Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes. Wir haben ihn (d.h. den Koran) in der Nacht der Bestimmung herabgesandt. Aber wie kannst du wissen, was die Nacht der Bestimmung ist? Die Nacht der Bestimmung ist besser als tausend Monate. (…)
Woher kommt die Bezeichnung KANDIL?
Die Bezeichnung soll von der Festbeleuchtung der Moscheen an solchen Abenden abgeleitet worden sein. Die Abende werden auf Selim II. zurückgeführt, der ihnen einen offiziellen Charakter verliehen haben soll. Das Wort kandil bedeutet „Kerze“ oder „Leuchter“ und ist ein Lehnwort aus dem Lateinischen “candela”. Der türkische Begriff “Kandil” soll auf das arabische Qindil zurückzuführen sein.
Muslime verbringen diese Nacht mit Bittgebeten, da es heisst, dass Gebete in dieser Nacht 1000 mal mehr gelten als in anderen Nächten, viele bleiben auch die gesamte Nacht in der Moschee. Jedoch gibt es keinen besonderen Gottesdienst in dieser Nacht. Deshalb ist es zum Beispiel möglich, Gebete zu verrichten, aus dem Koran zu lesen, Allahs zu gedenken, auf das bisherige Leben zurückzuschauen und seine über etwaige Verfehlungen nachzudenken oder Bittgebete zu sprechen. In der Kadr-Nacht gibt es einen Moment, in dem alle Gottesdienste und Bittgebete erhört und angenommen werden. Um diesen Moment zu erleben sollte nach Möglichkeit die gesamte Nacht mit Gottesdiensten verbracht werden.