Braucht Alanya einen Ausländerbeirat? Eine seltsame Frage für jemanden, der seit Jahren – genauer gesagt seit 8 Jahren – selbst Mitglied in diesem Gremium ist… oder genauer gesagt war. Denn von meinem Amt im Ausländerbeirat der Stadt Alanya bin ich am 05. Januar mit sofortiger Wirkung zurückgetreten, zusammen mit nunmehr 7 anderen größtenteils langjährigen Mitgliedern verschiedener Nationen.
Schon seit geraumer Zeit zeichnete sich intern ab, dass etwas nicht rund läuft in diesem türkeiweit einzigartigen Gremium. Persönliche Vorlieben und Abneigungen spielten zunehmend eine Rolle und die Aufspaltung in Grüppchen wurde immer offensichtlicher, ohne das dem gegengesteuert wurde oder auch nur in Betracht gezogen wurde, dies zu ändern. Bereits im Dezember berichteten wir über den Rücktritt von Julia Alaettinoglu, der leider als Signal verstanden wurde, nun ungestört weiter wie bisher machen zu können.
Ein Rücktritt ist nicht die beste Lösung. Aber manchmal ist es notwendig, um zu hinterfragen, was man eventuell falsch gemacht hat – oder was in dieser Institution, die türkeiweit und im Ausland bereits viel Aufmerksamkeit erfahren hat, in letzter Zeit falsch gelaufen sein könnte. Entgegen der Behauptung des Vorsitzenden, es sei nur eine Intrige und man hätte ihn ja schließlich ansprechen können, kam es bereits in den vergangenen Jahren auf Bitte verschiedener Mitglieder zu Gesprächen. Geändert hat sich dabei nichts.
Stattdessen wurden aktuell Mitglieder mit bewusst falschen Vorwürfen persönlich angegriffen oder private Probleme in einer öffentlichen Sitzung dazu benutzt, ein unbequemes Mitglied mundtot zu machen. Von dem sogenannten „Geheimtreffen“ einiger Mitglieder, die durchweg langjährige Mitglieder waren und von denen ein echtes Interesse an der ARBEIT und nicht am PRESTIGE des Ausländerbeirats zu erwarten war, kann keine Rede sein. Der Vorsitzende wurde im Vorfeld informiert und dazu gebeten, er zog es allerdings vor, nicht zu erscheinen. Erst nach einem erneuten Anruf gegen Ende des Treffens kam er dazu, war aber auch hier nicht bereit, sich die Vorschläge der Mitglieder auch nur anzuhören. Mit einem Vorsitzenden, der Mitglieder heimlich fotografieren lässt und der droht, man wisse ganz genau, was die Beteiligten in letzter Zeit geschrieben oder am Telefon gesprochen hätten, da man dieses nachverfolgen ließe, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit schlichtweg nicht möglich. Das war der Punkt, wo klar war, dass es hier um Narzissmus und nicht um konstruktive Arbeit geht.
Leider war es schon geraume Zeit Usus, dass Mitgliedern, von denen man Kritik erwarten konnte oder die unbequem waren, nur schwer das Wort erteilt wurde. Auch Vorschläge für neue Mitglieder wurden nur dann zur Wahl gestellt, wenn zu erwarten war, dass sie brave Mitläufer werden. Die Maskerade der Wahl wurde zuletzt ganz aufgegeben und die Aufnahme neuer Mitglieder von der Zustimmung des Vorsitzenden abhängig gemacht.
Selbst in der letzten außerordentlichen Sitzung am 12. Januar war es nicht möglich für mich, als direkt angegriffene Person, die auch noch in einer Farce namens „Abwahl“ zur Disposition gestellt wurde, den eigenen Standpunkt zu erläutern. Im Gegenteil, der am 05. Januar von den Mitgliedern unterzeichnete Rücktritt ohne Angabe von Gründen wurde gar zu einer „Unterschriftenaktion gegen den Vorsitzenden“ umgewidmet und mehrfach versucht, mir den Mund zu verbieten, bis ich schliesslich unter Protest die Versammlung verlassen habe. .
So war die sogenannte „demokratische Entscheidung“ über den Ausschluss von 4 Mitgliedern (die ja bereits eine Woche zuvor ihren Austritt erklärt hatten), die man als Schuldige und Störenfriede ansah, letztlich nur eine lächerliche Farce. Welches Verständnis zeigt das, wenn man eine Person angreift und ihr dann mit allen Mitteln versucht, den Mund zu verbieten? Was ist eine Demokratie ohne die Freiheit der Rede? Stattdessen wurde von „Enttäuschung“ und „unentschuldbarer Respektlosigkeit gegen Ältere und gegen die Regierung (!!)“ gesprochen.
Eine Demokratie ist nicht, dass man auf einem Zettelchen mit der Auswahl „ja“ oder „nein“ sein Kreuzchen machen darf. Fair und mutig wäre gewesen, wie in wirklichen Demokratien üblich, zunächst die Vertrauensfrage zu stellen.
Die Hoffnung, dass die zugegebenermaßen unglücklich gelaufene Sitzung Anfang Januar einen Denkprozess in Gang setzen könnte, hat sich nicht erfüllt. Mit Verlaub, in Europa muss man sich Respekt verdienen, man bekommt ihn nicht geschenkt. Ein Vorsitzender sollte primus inter pares sein – der Erste unter Gleichen – und nicht in selbstherrlicher Manier seine Mitglieder als Staffage nutzen. Soviel Energie, wie für den Postenerhalt aufgewendet wurde, hätte man sich manchmal bei der Arbeit für die Belange der Ausländer gewünscht.
Problematische Sachverhalte wurden in den vergangenen zwei Jahren kaum angesprochen – so dauerte es bis in den Spätherbst, bis z.B. das drängende Problem mit dem neuen Ausländergesetz, das im April 2014 in Kraft getreten war, konkret auf die Tagesordnung gekommen ist – leider zu spät für einige Residenten, für die nur die Rückkehr geblieben war.
Das Engagement der neuen Rathausspitze und des Landrats für die Belange der ausländischen Bürger ist hervorragend, aufgrund der Fremdsprachenkenntnisse der Verantwortlichen ist die direkte Ansprache der entsprechenden Amtsträger auch kein Problem. Auch die Lösung des kurzen, aber erschreckenden Problems mit der Nichtanerkennung von Rentenbescheiden und der Forderung, für ein Jahr 12.000 Dollar auf einem Konto nachweisen zu müssen, geschah nicht etwa durch den Ausländerbeirat oder dessen Vorsitzenden, sondern durch die Initiative von Landrat Herrn Dr. Hasan Tanrıseven. Schon lange war es Usus, mit Problemen zu Kerim Kocabaşoğlu zu gehen – oder in die Türkis Redaktion zu kommen.
Somit ist das Kapitel „Ausländerbeirat“ für mich vorerst beendet – mein Engagement für die Belange der Ausländer in Alanya wird allerdings selbstverständlich weitergehen. Wie auch bereits in der Vergangenheit von mir angeboten und praktiziert, ist das TÜRKIS – Büro immer offen für alle, die ein Problem oder Fragen haben, auch wenn ich nicht mehr Mitglied im Ausländerbeirat bin. Ich weiß, dass viele mir sehr viel Vertrauen entgegenbringen und ich werde mich auch weiterhin bemühen, diesem Vertrauen gerecht zu werden.
Martina Yaman