Die knubbeligen, knallgelben „Gurken“ mit den leuchtend roten Kernen sieht man derzeit überall auf den Basaren, wenn auch nicht in Mengen. Daneben stehen oft Flaschen mit einer grellfarbigen Pampe. Was genau das ist? Auf türkisch heisst es Kudret narı, auf deutsch nennt sich das interessante Gemüse (denn das ist es, auch wenn es aufgrund der Farbe aussieht wie Obst) Balsamgurke oder Bittermelone. Tatsächlich gehört die Kudret Narı aber weder zu den Melonen noch zu den Gurken, sondern ist ein Kürbisgewächs.
Gemüse ist hierbei auch eher irreführend, denn in der Türkei wird das Gewächs hauptsächlich wegen der heilsamen Wirkungen, die man der merkwürdigen Gurke zuschreibt, geschätzt. Der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig bitter und die Meinungen gehen von „pikant“ bis „grauslig“ auseinander.
Tatsächlich wird die Bittermelone mit zunehmender Reife immer bitterer – die sehr reife, aufgeplatzte Form, die auf den Basaren angeboten wird, ist daher für viele ungenießbar. Nur im unreifen Zustand und ähnlich wie Auberginen mit Salz gegen die Bitterstoffe behandelt, ist sie für europäische Gaumen essbar. Im asiatischen Raum ist sie als Beilage und auch Hauptgericht sehr häufig anzutreffen.
Wir wollen Ihnen die Kudret Narı aber nicht wegen ihrer geschmacklichen Qualitäten, sondern wegen ihrer sonstigen Inhaltsstoffe und ihrer erstaunlichen Eigenschaften vorstellen.
Wie die meisten Kürbisgewächse ist die Kudret narı eine schnellwachsende, einjährige Kletterpflanze, die in kurzer Zeit zu einer sonnengelben, 15 – 25 cm langen Frucht heranreifen, deren Fruchtfleisch leuchtend knallrot ist und einen sehr reizvollen Anblick bietet… und von Ausländern immer interessiert, aber misstrauisch beäugt wird. Das Aussehen der Früchte unterscheidet sich stark von Land zu Land, da die Bittergurke sehr anpassungsfähig ist und stark in Aussehen und Geschmack variieren können. Gleich ist allen aber das „Bitteraroma“.
Im asiatischen Raum ist die Bittermelone als Gemüse in unreifem Zustand weit verbreitet. Sie können geschmort, gebraten, gekocht oder gefüllt werden, wobei das gelbe Fruchtfleisch und die von rotem Mark umhüllten Kerne oft separat zubereitet werden. Das rote Mark um die Kerne ist übrigens auch roh wohlschmeckend. Wenn man das gelbe Fruchtfleisch zubereiten will, muss es grob in Streifen geschnitten werden, kräftig eingesalzen und nach 10 Minuten mit reichlich Wasser abgespült und nochmals 10-20 Minuten eingeweicht werden. Das Einweichwasser sollte auf keinen Fall verwendet werden.
Bittergurken gelten als sehr gesund, ja als Heilmittel
Die Frucht enthält ein Gemisch aus Phytosterolen (ähnlich dem Cholesterin in der Zellmembran von Tieren), Charantin, sowie ein insulinähnliches Eiweiß. Weitere Inhaltsstoffe sind Proteine mit antiviraler Wirkung sowie kleine Mengen an Alkaloiden und Saponinen. Sie besitzen ungewöhnlich viel Vitamin C und Eisen, nennenswerte Mengen an Spurenelementen wie Kalzium, Riboflavin und Vitamin A, B1, B2, Phosphor, Kupfer und Kalium sowie pilztötende Stoffe und nicht zuletzt einen hohen Anteil an Mineralstoffen und Kohlehydraten. Sie enthalten ausserdem ein insulinähnliches Peptid, Glykoside (Momordin, Charantin) und ein Alkaloid (Momordicin).
Sowohl beim Verzehr der Früchte, dem Genuss des Saftes (in Studien 50-60 ml), als auch bei Einnahme eines Extrakts zeigt sich eine blutzuckersenkende Wirkung. Für Charantin wurde ein blutzuckersenkender Effekt nachgewiesen. Auf dem Fettstoffwechsel liegen günstige Einflüsse vor.
Ferner wurden entzündungshemmende Eigenschaften nachgewiesen. Der frische Fruchtsaft ist ein effektiver Radikalfänger, wobei die Wirkung auch nach längerem Kochen nicht verloren geht. Berichtet wird auch von einer präventiven Wirkung bzgl. des Wachstums von Helicobacter pylorii (Diese werden für eine Reihe von Magenerkrankungen verantwortlich gemacht, die mit einer verstärkten Sekretion von Magensäure einhergehen. Darunter fallen beispielsweise die Typ B-Gastritis, etwa 75 Prozent der Magengeschwüre und praktisch alle Zwölffingerdarmgeschwüre.) Es kommt zu einer Verminderung der Sekretion der Magensäfte sowie einer Zunahme des Magenschleims. Der Extrakt wirkt zellschützend.
In der türkischen Volksmedizin findet die Pflanze breite Anwendung. Neben Diabetes mellitus werden mit ihr Magen-Darm-Beschwerden sowie z.B. in Afrika Ikterus (Gelbsucht) und Hepatitis behandelt.
In der Türkei werden die frischen, reifen Früchte über 15 Tage in Olivenöl eingelegt oder getrocknet, mit Honig vermischt und bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren eingesetzt. Auch bei Wunden und Verbrennungen sowie bei Mamma- Karzinom, Rheuma und infektbedingtem Fieber wird sie verwendet. Die Pflanzenextrakte (Früchte, Blätter) sind für Insekten ausgeprägt toxisch (z.B. wässriger Extrakt für Küchenschaben, Kakerlaken) und weisen wurmabtötende Eigenschaften auf (insbesondere gegen Spulwürmer).
Im Jahr 2004 kam die Österreichische Apothekerzeitung zu folgendem Ergebnis:„Momordica charantia wird in Amerika im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel propagiert. In der Forschung werden verschiedene Wirkstoffe u.a. in der HIV-Behandlung oder wegen ihrer antikanzerogenen Wirkung näher untersucht.“
Bei Versuchen mit Ratten zeigte sich eine gebremste Fettverbrennung und Glukoseaufnahme. Dadurch wurde innerhalb von 90 Minuten der Blutzuckerspiegel stark gesenkt. Nicht nur deswegen werden Auszüge aus der Bittergurke auch oft als diätunterstützendes Mittel angepriesen.
Regelmäßiger Verzehr senkte den Cholesterinspiegel der Versuchstiere. Erhöhte Nierenwerte normalisierten sich nach einer regelmäßigen Einnahme über 10 Wochen. Bei einer Versuchsreihe mit gesunden Menschen und Diabetikern konnte laut der Apothekerzeitung gefolgert werden, dass der zusätzliche Verzehr von Bittergurken-Extrakt vor zwei größeren Mahlzeiten insulinabhängigen Patienten blutzuckersenkende Wirkung zeigt. Die Blutzucker senkende Wirkung von M. charantia bietet mit Sicherheit eine interessante Unterstützung bei der Behandlung von Typ II-Diabetikern unter der Aufsicht des behandelnden Arztes.
Anwendungen und Rezepturen
1 kleine Frucht pro Tag oder ein bis zweimal ein achtel Liter Frischpresssaft oder bis zu 1 l Tee pro Tag (der Tee schmeckt kaum bitter, obwohl er die entscheidenden Wirkstoffe voll enthält) Der Fruchtsaft selbst ist ein starker Peroxid- und Hydroxyl-Radikalfänger, der seine Wirkung selbst nach 45-minütigem Kochen mit Alkali oder Säure nicht verliert. Beim Tee sollte mit einer Tasse begonnen werden und die Menge bei guter Verträglichkeit auf einen 3-4 Tassen pro Tag gesteigert werden.
Auf den Basaren sieht man auch oft eine „Pampe“ in Plastikflaschen. Diese kann man leicht selbst machen. Das gelbe Fruchtfleisch wird grob kleingerupft (das rote Mark um die Kerne kann man wie Obst essen und ist ganz lecker), in ein Glas gegeben, angedrückt und mit gutem Olivenöl bedeckt. Dann verschliesst man das Glas und lässt das ganze unter der Sonne mindestens 15 Tage stehen. Danach kann man das Mus im Kühlschrank aufbewahren.
Das in Öl eingelegte Fruchtfleisch soll jeden Morgen nüchtern eingenommen werden, und zwar 1 Teel. Vor dem Frühstück. Es kann auch mit Honig vermischt werden. Es heisst, um einen Effekt zu verspüren, muss man es mindestens 40 Tage ohne Unterbrechung einnehmen.
NEBENWIRKUNGEN
Teilweise wird nach Einnahme der Samen von Kopfschmerzen und Übelkeit berichtet. Die Bittergurke sollte nicht in der Schwangerschaft angewendet werden, da zwei aus der unreifen Frucht isolierte Proteine, Momorcharin a und b, abortive Wirkung im Tierversuch zeigten. Von der Anwendung bei Kindern wird abgeraten. Die Frucht sollte bei bekannter Allergie oder Hypersensibilität auf Vertreter der Cucurbitaceae (Kürbis und Melone) gemieden werden.
Zum Schluss noch ein Hinweis: dies ist keine medizinische Beratung, sondern die Info über ein interessantes Gemüse und Volksheilmittel. Wir raten dringend davon ab, verschriebene Medikamente durch Einnahme von Zubereitungen der Balsamgurke zu ersetzen und bitten um Verständnis, dass wir keinerlei Gewähr übernehmen können. Wie bei allen Natur-/Volksheilmitteln ist Vorsicht geboten.