Ayvalik – (immer noch) ein Geheimtipp

Wer auch immer im türkischen Tourismusministerium den Text über Ayvalik in der Provinz Balikesir geschrieben haben mag, er scheint dem Charme des Städtchens verfallen: „Mit schönen ineinander übergehenden Buchten, wo das Meer die Olivenhaine und die Tannenwälder umarmt, einem ganzenSchwarm von 24 kleinen Inseln, architektonischen Bauwerken, die einem Freilichtmuseums gleichen und einer zauberhaften Unterwasserwelt ist Ayvalık ein Ferienparadies, das zum Entdecken einlädt. Für diejenigen, die dem Wirrwarr des hektischen Lebensweise in der Stadt entfliehen und sich in der Stille entspannen wollen, bieten sich vielerlei Möglichkeiten in Ayvalık. In den Straßen auf der historischen Insel Cunda (Alibey) fühlen Sie sich, als ob Sie durch das Labyrinth Venedigs oder in den prunkvollen Straßen von Byzanz spazieren gingen.“
Auch unsere Leserin Birgül Tunc, die sich wieder einmal auf den Weg gemacht hat und uns viele tolle Eindrücke mitbrachte, erlag dem Charme des ehemaligen Fischerstädtchens. Mit diesem Bericht entführt sie die Leser nach Ayvalik.

In den Gassen von Ayvalik
In den Gassen von Ayvalik

Seit vielen Jahren lebe ich an der türkischen Riviera – und höre immer nur Lobenswertes von Ayvalık-Balikeshir, verbunden mit der Halbinsel CUNDA – also verstärkte sich mein Wunsch: ich möchte mal dort hin! Also ab in den Überlandbus und auf direktem Weg für wenig Geld in 13 Stunden Fahrzeit incl. vorgeschriebener Ruhe-Pausen, zu meinem Wunschziel….

Gegenüber der griechischen Insel Lesbos findet man diese kleine romantische Stadt, wo noch viele Gebäude an die Besatzung vom griechisch-türkischen Krieg erinnern. Man sieht heute noch Bauwerke, die trotz ihrem sehr schlechten Zustand, als Erinnerung an diese Zeiten erhalten werden.

Im Osmanischen Reich hatte Ayvalık wohl schon immer eine Sonderstellung es wurde viel restauriert, Kirchen und Klöster von damals werden heute als Moscheen genutzt.

Ich schlendere total entzückt und verträumt, voller Begeisterung über die Schönheit der farbenprächtigen Gebäude, durch die gepflasterten Straßen… Alles scheint so friedlich – so niedlich – einfach schön!

Man merkt anhand der Angebote, dass hier hauptsächlich von der Oliven-Ernte gelebt wird, denn überall findet man Produkte aus Oliven, wie Seifen – Creme – kostbare Öle – sogar Süßigkeiten wie der türkeibekannte Lokum werden mit Olivenöl ummantelt. Es gibt fast keine Konkurrenz zu dieser

Am Hafen der Halbinsel Cunda
Am Hafen der Halbinsel Cunda

Ölverarbeitung, und jeder Gast wird sich hier zum Andenken was mitnehmen – es lohnt sich wirklich.

Sogar von der griechischen Insel Lesbos kommen am Bazar-Tag die Menschen per Boot nach Ayvalık, um sich hier mit Besonderheiten einzudecken.

Am Hafen findet man viele bunte Fischerboote, obwohl der Fisch-Reichtum in den Gewässern sehr stark zurückgegangen ist.

In einem Kunsthandwerker-Viertel unweit vom Hafen, kommt dann wohl jeder Liebhaber alter Gewerke auf seine Kosten. Man kommt aus dem staunen garnicht mehr heraus – hier gibt es einfach Alles!! Alleine schon diese Atmosphäre – unbeschreiblich! Diese künstlerisch begabten Menschen sind ein liebevolles Volk für sich – kunterbunt gekleidet – außergewöhnliches Auftreten – freundlich und ohne Hektik – Jeder freut sich, wenn man Interesse zeigt – und davon hatte ich genug…

Das Café Caramell in Ayvalik – ein Ort zum Entspannen und Geniessen

Ein ganz besonderer Leckerbissen im wahrsten Sinne des Wortes ist das CAFÉ CARAMEL – also das kann man nicht beschreiben – das MUSS man erleben! Soviel Liebe zum Detail und solch eine Herzlichkeit der Betreiber – bitte  erquickt Euch schonmal an den Fotos……

 

Schon beim Schreiben dieses Berichtes bekomme ich große Sehnsucht nach dorthin!

Die SAATLI-CAMII in Ayvalık = Stunden Moschee, ist auf jeden Fall auch einen Besuch wert, wie eigentlich alle der hier erbauten Moscheen, aber diese wurde ehemals als eine griechisch-orthodoxe Kirche erbaut, später in eine Moschee umgewandelt – eben den Bedürfnissen der Menschen angepasst. Es ist schön anzuschauen, dass sowohl ein Minarett sowie ein Glockenturm mit Uhr diese Moschee schmücken.

 

Ausblick vom Cennet Tepesi
Ausblick vom Cennet Tepesi

Die CENNET TEPESI in Ayvalık ist ohne Auto nur durch die schwer begehbaren Gassen, zwischen manchmal sehr zerfallenen Häusern, zu erreichen – es geht stetig steil bergauf auf sehr holperigem unebenen Pflaster. Ich musste viele Anwohner fragen, denn Hinweisschilder sind dort ein Fremdwort – aber: ich hab`s gefunden die Anstrengung hat sich bei dem Ausblick wahrlich gelohnt!
Ganz Ayvalık lag mir zu Füßen! Bis zur Halbinsel Cunda konnte ich schauen, und auch das war ein Erlebnis, denn die gebaute Straße dort hin, hatte keine ersichtlichen Pfeiler – kein Brückengeländer – man dachte, die Autos fahren über das Meer!

CUNDA ist übrigens der nächste Knaller: sowas von schön! Baulich wie Ayvalık – ganz kleine Läden in kunterbunten Farben, Supermärkte hätten hier auch nicht hingepasst…

Ich bin mit dem Dolmus zur Insel gefahren, was ein Erlebnis durch die Stadt Ayvalık bedeutete, und danach mit dem Fähr-Schiff zurück, was ja immer was Besonderes ist, weil man die Küste vom Wasser aus betrachten kann und ganz andere Eindrücke gewinnt.

Das Kahmil-M-Koc Museum in einer alten Kirche
Das Kahmil-M-Koc Museum in einer alten Kirche

Mein erster Gang war zur TAKSIYARHIS-Kirche = griechisch-orthodox 1927 in eine Moschee umgewandelt – heute als Museum geöffnet, welches der türkische Unternehmer Rahmi-M. Koc aus Ankara mit besonderen Raritäten ausgestattet hat. Rahmi-M. Koc lebt noch (ist heute 86 Jahre alt) – hat aber alle Geschäfte bereits abgegeben.

Auch auf Cunda gibt es eine Tepe (= hügelige/bergige Erhöhung) namens ASIKLAR-TEPESI – wo man ein sehr schönes Restaurant mit herrlichem Weitblick und einer antiken Bücherei bestaunen kann – ebenfalls Eigentum von Rahmi-M. Koc!
Auch hier erinnert Vieles an die Zeit der griechischen Besatzung!

Mit einem erfreuten Herz und dem Kopf voller neuer Eindrücke, freute ich mich, diese tolle Tour unternommen zu haben. Glücklich und zufrieden bin ich wieder nach Avsallar zurückgekehrt, aber eines kann ich versichern:

„ Ayvalık – ich komme wieder!“

Lieben Gruß
Eure Birgül Tunc

 

Wissenswertes über Ayvalık

Ayvalık (griechisch Κυδωνίες Kydonies oder Αϊβαλί Aivali) ist eine Kreisstadt in der türkischen Provinz Balıkesir an der Ägäisküste gegenüber der griechischen Insel Lesbos. Seit einer Gebietsreform 2012 ist die Kreisstadt flächenund einwohnermäßig identisch mit dem Landkreis.

Die Gründung der Stadt geht auf die Ansiedlung äolischer Stämme zurück, die hier einwanderten. Der antike Name der Stadt war Kydonia. Die Stadt hatte eine bemerkenswerte Geschichte und eine Sonderstellung innerhalb des Osmanischen Reiches.
Aufgrund militärischer Erfolge wurde der damals griechischen Bevölkerung gestattet, exklusiv in der Stadt zu siedeln, d. h. außer wenigen osmanischen Beamten war es türkischen Landsleuten nicht erlaubt, hier zu siedeln. Im Jahre 1891 lebten 21666 Griechen und 180 Türken in Ayvalık.

In Ayvalık gab es bereits im 19. Jahrhundert eine Druckerei, eine Apotheke und es waren verschiedene Konsulate hier ansässig, unter anderem das deutsche, das französische und das niederländische Konsulat. Es gab eine Akademie und verschiedene Gymnasien und Berufsschulen. Die noch existierenden Herrenhäuser lassen den damaligen Wohlstand der Stadt erahnen. Aufgrund der Sonderstellung behielt die Stadt die Steuerrechte, und man musste keine Abgaben an die osmanische Regierung zahlen. Der letzte Metropolit war Gregor von Kydonies.

Im Mai 1919 besetzten die Griechen im griechisch-türkischen Krieg Teile der ägäischen Küste. Nach der Niederlage der Griechen im Herbst 1922 gegen die türkische Armee und dem darauffolgenden Bevölkerungsaustausch wurden Griechen aus Ayvalık gegen die Teile der türkischen Minderheiten von den ägäischen Inseln (meist aus Kreta und Lesbos) und aus Nordgriechenland „ausgetauscht“. Heute wird in Ayvalık, meist auf der Halbinsel Cunda (Alibey adası), die zu Ayvalık gehört, teils Griechisch gesprochen. In vielen Restaurants findet man die kretische, griechische und bosnische Küche wieder. In einem kleinen Dorf namens Küçükköy (8 km von Ayvalık) wurden ab 1908 und danach in mehreren Gruppen Flüchtlinge aus Bosnien und dem Sandschak angesiedelt, die heute noch unter sich Bosnisch sprechen.

Die Altstadt von Ayvalık bietet die schönsten Beispiele der neo-klassischen Architektur der „Griechischen Wiedergeburt“. Sehenswert sind besonders die Herrenhäuser an der Küstenstraße. Einige ehemalige Kirchen wie die Johanneskirche (Agios Ioannis) werden heute als Moscheen genutzt und sind daher gut erhalten. Jeden Donnerstag findet in Ayvalık ein Basar statt, zu dem auch gerne die Nachbarn aus Lesbos anreisen.

Reise in die Geschichte von Ayvalık

Ayvalık ist ein sehr altes Siedlungsgebiet und wurde in ihrer Geschichte als Cisthna, Taliani und Kydonia genannt und es waren die Mysier, die sich als erste in diesem Gebiet angesiedelt haben. Die Volkstämme aus den griechischen Inseln haben auf den Inseln in der Bucht von Edremit Kolonien errichtet.

Ayvalık und Umgebung blieb zwischen 330-30 v. Chr. unter makedonischer, zwischen 30 v. Chr 395 n. Chr. unter römischer Herrschaft und es war das byzantinische Reich, das zwischen den Jahren 395 –1453 n. Chr. in der Region herrschte. Die registrierte Geschichte von Ayvalık ist auf das Jahr 1623 zurückzuführen. Auf Grund der andauernden Angriffe von Piraten haben die Leute, die auf den umliegenden Inseln lebten, sich erstens in Kabakum und danach in Eğribucak angesiedelt. Nach Fortsetzung der Angriffe mussten sie aber nach Küçükköy und danach nach damals wie ein See aussehende Ayvalık weiterrücken.

Nachdem Sultan Mehmet der Eroberer die Insel Lesbos eroberte, war die Piraterie zu Ende, damit war die Sicherheit in den Meeren gewährleistet und die auf den umliegenden Inseln lebenden Leute siedelten sich danach in Ayvalık und auf der Insel Cunda an. Die Bevölkerung, die vorher von Fischerei lebte, beschäftigte sich mehr und mehr mit Industrie und Seehandel und machte somit Ayvalıkzu einer Stadt.

Dank des Aufschwungs und der internationalen Expansion wurden Olivenölund Seifenfabriken gegründet und Exporttätigkeiten nahmen damit ihren Anfang. 600 Schiffe liefen jährlich in den Hafen ein. Damit trafen auch Akademiker, Priester, Missionare, Konsuln und Künstler in die Stadt ein. In dieser Weise wurde die Stadt eines der bekanntesten Siedlungsgebiete im Mittelmeerraum.

Die 1803 eröffnete Akademie wurde die wichtigste Akademie in West Anatolien. 1889 wuchs die Stadt mit einer Einwohnerzahl von 20 Tausend, 22 Olivenölfabriken, 30 Seifenfabriken, 80 Mühlen, 6 Apotheken, 11 Vierteln, 11 Kirchen, 6 Schulen und 4607 Häusern zu einer großen Ortschaft. Nach der Gründung der Republik musste die hiesige Bevölkerung gemäß dem Bevölkerungsaustauschabkommen nach den griechischen Inseln wie Lesbos und Kreta emigrieren und die dortige Bevölkerung wurde in Ayvalık übersiedelt.

Es wird erzählt, dass diese Insel die in dem Kitab-ı Bahriye (Seefahrerbuch) von Piri Reis erwähnte Yund-Insel sei und der Name Yund sich mit der Zeit in Cunda verwandelte. Im Andenken vom Kommandanten Ali Çetinkaya, der den Befehl für das erste Geschoss gegen Invasionstruppen gab, wird sie auch Insel Alibey genannt. Eine Brücke verbindet diese Insel, die Ayvalık gegen das offene Meer schützt, mit dem Festland. Motorboote fahren im Sommer von Ayvalık zur Insel Alibey im Stundentakt.

Die Insel ist der richtige Ort für Liebhaber von Neo-Klassizismus und sowie diejenige, die die Natur und die Stille erleben wollen. Die Aussichten auf die Meerengen, die Insel und die ineinander übergehenden Buchten von den Anhöhen der Insel sind ein richtiger Spektakel. Ein Muss ist ein Abendessen in einem der Fischrestaurants im Hauptort der Insel, die mit dem berühmten Papalina, Meeresfrüchten, Blattgemüsen und Kräutern zubereiteten Speisen und Vorspeisen anbieten-

Ayvalık und ihre Umgebung hat die reichsten Meeresgrundformationen der Türkei und bietet das ganze Jahr über Tauchmöglichkeit mit 24 Inseln und 60 Tauchstellen an. Die Inseln um Ayvalık mit ihrer ökologischen Nischenbildung in Bezug auf Flora und Fauna beherbergt einen Meeresgrund von bemerkenswerter Schönheit und Reichtum, dank einer seit Tausenden von Jahren fortlaufender Bildung. In Ayvalık und Umgebung, die eine Region sehr reich an Unterwasser-Biota ist, wurden an 34 Punkten ‘‘Rote Korallen‘‘ festgestellt; eine Tatsache, die die Region in dieser Hinsicht auf dem ersten Rang vor dem Roten Meer platziert.

Rote Seesterne kommen in der ganzen Türkei nur hier vor und Seehasen könnte man auch überwiegend in den Gewässern um Ayvalık antreffen. Mit Tauchstellen in unterschiedlichen Tiefen geeignet für Nacht-, Tiefstromund Rifftauchen ist das Gebiet um Ayvalık ein idealer Ort für Taucher aller Erfahrungsstufen.

Text und Fotos: Birgül Tunc
verwendete Quellen: Türkisches Tourismusministerium, Kulturamt Balıkesir

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