Spiel mit dem Risiko – Geschäft mit dem Tod….

Der katastrophale Unfall mit einem Safari-Jeep und einem PKW am Sonntag in Mahmutlar, bei dem bisher 3 Menschen, darunter ein zweijähriges Mädchen, ihr Leben verloren, wirft ein Schlaglicht auf weitere Dinge, die derzeit im Tourismus an der Türkischen Riviera fürchterlich schief laufen. Sicherheit ist zweitrangig, es geht nur noch um Geld. Aber das ist nicht das ganze Problem….   

Zum einen: das ausufernde Geschäft mit den Jeepsafaris
Die Jeepsafaris könnten eine tolle Gelegenheit sein, den Tourist:innen das wunderschöne Hinterland, die kalten Flüsse und die typischen Picknickrestaurants zu zeigen, den Sapadere Canyon und die alte Tradition der Seidenspinnerei und auch das türkische Dorfleben näher zu bringen. So war es auch in früheren Jahren, als ich ohne jegliche Bedenken mit meinen eigenen Kindern – damals noch im Vorschulalter – eine Jeepsafari mitgemacht habe. Auf dem Programm standen der Besuch in einem Nomadenzelt und einer Moschee, wo den Gästen die türkische Yörük-Nomadenkultur und der Islam erklärt wurde. Auf einer anderen Tour gab es Informationen über die Seidenspinnerei und einen Spaziergang durch den Canyon. Wir waren zu 8. im Jeep, nicht mit 12-16 Fahrgästen. Es war ein toller, vielseitiger Familienausflug. Diese Zeiten sind leider vorbei.

In den letzten Jahren geht es jedoch nur noch um Halligalli, möglichst spektakuläre Videos und Fotos für Instagram und co und “Adrenalin” für die Fahrgäste und um maximalen Gewinn bei geringst möglichem Aufwand für den Veranstalter.

Jeden Tag sehe ich Dutzende Jeeps an unserem Haus vorbeirasen, voll mit johlenden, stehenden, im Jeep rumturnenden Fahrgästen. Ehrlich gesagt wundert es mich, dass so “wenig” passiert, auch wenn es jedes Jahr mindestens einen Unfall mit tödlichem Ausgang gibt. In den Fahrzeugen teilweise offensichtlich angetrunkene Passagiere und oft kleine Kinder, denen man von weitem schon die Angst ansieht. Immer wieder fallen mir Fahrgäste auf die sich an das Gestänge klammern und sich ganz weit weg wünschen. Was die wohl – auch ohne Unfall – mit nachhause nehmen?  Auch mir wurde durchs offene Autofenster bewusst (!!) Wasser ins Ohr gespritzt… glücklicherweise sind meine Hörgeräte wasserfest. Der betreffende Jeep hat sich so schnell vom Acker gemacht, dass das merken der Nummer unmöglich war (dafür fuhr er auch viel zu dicht an mir vorbei)

Das zweite Problem… aggressive Autofahrer
In der Aufregung um den schlimmen Unfall wird aber fast immer übersehen, dass der Unfallverursacher nicht der Jeepfahrer war, sondern in diesem Fall ein Autofahrer, der aus Wut darüber dass er aus dem Jeep mit Wasser bespritzt wurde, den Jeep über etliche Meter bei hoher Geschwindigkeit versuchte zu schneiden oder von der Straße zu drängen.

Screenshot aus dem Video einer Überwachungskamera

So wie es derzeit aussieht, ist der Fahrer des roten PKW der Unfallverursacher. Er hat den Jeep über Dutzende Meter aggressiv bedrängt und geschnitten bei hoher Geschwindigkeit. Der Fahrer des Jeeps hat das Lenkrad verrissen und die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Leider werden viele Unfälle in der Türkei nicht durch Unerfahrenheit oder Fahrfehler, sondern durch aggressive Fahrweise und fehlende Impulskontrolle verursacht. So wohl auch hier.

Allein den Jeepsafari-Fahrern die ganze Schuld anzulasten ist hier nicht wirklich fair.
Sie sind außerdem Angestellte und haben so zu fahren / handeln, wie die Touristen es wünschen und somit wie es vom Veranstalter vorgegeben ist. Statt über Kultur und Natur hat man die Jeepsafaris in den letzten Jahren ausschliesslich als eine Art Disco auf Rädern verkauft. Es würde kaum einen Unterschied machen, würden diese Autos 3 Stunden im Kreisverkehr fahren. Die Fahrgäste würden genausoviel von ihrer Umgebung wahrnehmen. Diese zunehmende Ballermannisierung des Tourismus in Alanya ist das Hauptproblem….

 

1 Kommentar zu Spiel mit dem Risiko – Geschäft mit dem Tod….

  1. Jeepsafari in der beschriebenen Form ist ein risikoreiches und wie ich meine menschenverachtendes Geschäftsmodell, für das die Veranstalter und sofern vorhanden die zuständigen Behörden verantwortlich sind.
    Wenn in überbesetzten Fahrzeugen zahlende Gäste ohne Sicherung mit hoher Geschwindigkeit durch die Gegend gefahren werden, während gleichzeitig Wasserpistolen-Party gefeiert wird und die möglicherweise alkoholisierten Gäste auch nicht mehr auf mitfahrende, ebenfalls ungesicherten Kinder aufpassen, muss sich die Veranstalter schon die Frage gefallen lassen, wie „verantwortungsvoll“ sie ihr Geschäft führen. Ich meine, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden müssen!

    Ich glaube aber, dass nachdem in diesem Fall einer von den beteiligten Fahrern oder Mitfahrern als Schuldiger gefunden wird, alles so weiter geht!

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